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You're no alone!

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JaroNigthmare's avatar
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You're not allone
Langsam setzte Er einen Fuß vor den anderen. Sein Blick war auf den Boden gerichtet. Er war sonst der starke Typ, der mit einer Armbewegung, mit einem Hieb Seiner mächtigen Faust alle Probleme aus dem Weg räumen konnte. Er war nicht der Typ, der aufgab, zu sehr hatte Ihn das Leben kämpfen gelehrt. Auf Seiner Wange, auf Seinem Hals und Seinem Arm prangten die Narben, Zeichen der Kämpfe, die Er zu kämpfen gehabt hatte. Narben, für die Ewigkeit. Narben, die Ihn daran erinnerten, niemals aufzugeben und die Zähne zusammen zu beißen. Doch all das war jetzt sinnlos, ohne Bedeutung, ohne Wirkung. Seit mehreren Tagen ging es Ihr nun schon schlecht. Sie lächelte nicht mehr, gab nur noch knappe Antworten und hatte Ringe unter den Augen, als würde Sie nicht mehr schlafen. Etliche Male hatte Er Sie gefragt, was los sei, doch Sie erklärte ihm immer nur gereizt, es wäre das Wetter.
Er schaute auf, blinzelte gegen die strahlende Sonne und den klaren Himmel an und machte ein verächtliches Geräusch. Wetter? Eine schlechtere Ausrede konnte es nun wirklich nicht geben. Zumal Er Sie kannte, lange kannte und gut kannte. Bei warmen Wetter erstrahlte Sie immer wie eine Blume... Zumindest bisher, doch jetzt? Er sah Ihren Zerfall, sah, wie Sie in der Dunkelheit versank. 'Dunkelheit ist schön, kalt und ruhig. Niemand kann doch dort erreichen, verletzen und du bist nicht mehr da, bist aus ihren Augen. Bin ich in Dunkelheit, geht es den anderen besser', Er konnte ihre Gedanken regelrecht hören. Er wollte schreien, wollte Sie Ohrfeigen, Sie wachrütteln, Sie packen und da raus holen, doch Er wusste nichts... Er wusste nichts...
War Er wirklich so schwach? War Er so Nutzlos? Er senkte wieder den Blick und konzentrierte sich auf Seine Schritte. Was hatte Sie nur? Was war nur los? Wie konnte Er Ihr helfen? Wenn Sie reden würde, wenn Sie zu ihm kommen und weinen würde, alles rauslassen würde, Er würde Sie in den Arm nehmen und Sie trösten... Doch Er konnte sich auch nicht aufzwingen! Er war auch nur ein Junge, ein Staubkorn in dieser Welt, ein Niemand, ein... Nutzlos...
Tränen rannen Seine Wangen herab, Er fasste sich erschrocken ins Gesicht. 'Weine ich?', fragte Er sich. Ja, Er weinte. Weinte aus Angst, aus Verzweiflung, aus Hilflosigkeit.
Doch als Er die Hand senkte, sah Er Seine Narbe. Sie zog sich quer über den Unterarm hinweg, war wulstig und mittlerweile verblasst. Er erinnerte sich an den Tag. Er war einem Messerstecher in den Weg gesprungen, um drei Seiner Freunde zu beschützen. Sie war mit dabei gewesen. Alle hatten entsetzt geschrien, als der Messerstecher Ihm den Arm aufschlitzte. Doch ein Fausthieb hatte die Sache beendet. Später hatten sie Ihn zu dritt ins Krankenhaus begleitet, als Seine Fäden gezogen wurden. Alle Drei hatten Seine Narbe fotografiert und einer hatte sich das Bild sogar an die Wand gehängt.
Und Er erinnerte sich an die Narbe auf Seinem Hals... Die Fahrradtour, bei der Sein Vater mit dem Fahrrad ausgerutscht war und einen Hang hinunter gefahren war. Mit einem Angstschrei war Er damals Seinem Vater gefolgt und ein Ast hatte Ihm die Haut am Hals aufgeschnitten. Die Verletzung war nicht schlimm, doch sie musste genäht werden. Sein Vater hatte ihn daraufhin zu einem Kinoabend mit extragroßen Eis und Chips und Cola eingeladen.
Und Er erinnerte sich an die Narbe auf seiner Wange. Verprügelt von drei Jungen, zurückgelassen mit einer Platzwunde, blauen Flecken und Prellungen. Doch Er hatte nicht aufgegeben, weitergemacht und eines Tages tatsächlich Seine Revanche bekommen. Die Gesichter der drei Jungen, als Er ihnen mit drei kurzen Schlägen Respekt beibrachte und sie von einer älteren Dame zurückdrängte. Mittlerweile besuchte Er die Dame regelmäßig und wurde von ihr mit Kaffee, Kuchen und Plätzchen abgefüllt.
Und Er erinnerte sich an die Gesichter, das Lächeln eines jeden, das der Dame, das Seines Vaters, das Seiner Freunde und vor allem Ihr Lächeln. Er ballte die Faust und holte tief Luft. Er wusste, was Er zu tun hatte.

Sie begrüßte Ihn gewohnt schlaff und lustlos. Doch Er lies sich nicht beirren. Er packte Ihre Hand und zog Sie zu sich. Die Umarmung überraschte Sie. Die Kraft, die Intensität und die Plötzlichkeit nahmen Ihr fast den Atem. Er vergrub Seine Hände in Ihrem Haar und drückte Sie: „You're not alone! Not at all! Trage deine Last nicht alleine... Du bist nicht einsam und ungeliebt. Du bist unsere Freundin, unser Schatz... Und wir... Ich will dich nicht verlieren! Also bleib bei mir! Ich bitte dich! Finde dein Lächeln wieder und erzähl mir, was dich bedrückt! Ich werde dir zuhören!“ Er machte einen Schritt zurück und schaute Ihr fest in die Augen. Tränen rannen ihre Wangen herunter. Sachte nickte Sie und ein leises, gehauchtes „Ja...“ entwich Ihr, bevor Sie ihr Gesicht in Seiner Schulter vergrub...
Heute mal ein kurzer Text. Ich hatte Lust darauf, ich fühlte mich, als müsste ich es schreiben, es aussprechen. Hier ist er, klein, aber... fein? 
© 2014 - 2024 JaroNigthmare
Comments7
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Kite-7's avatar
Dass die Pronomen Er, Sie und so alle groß geschrieben sind, hat mich erst etwas irritiert, aber der Text ist sehr schön :) Manchmal helfen eben eine Schulter, ein paar Worte und ein offenes Ohr mehr als ein paar Schläge...